Niemeyer-Sphere Kirow Leipzig
Abb.: die Teilnehmer des Lithographie-Seminars auf dem Dach der Ende Juni 2020 fertiggestellten Oscar Niemeyer Sphere in Leipzig

dBS fördert Stein-Kunst

Natürlich lieben wir die Kunst. Besonders, wenn sie aus Stein ist. Oder ersatzweise auch mit Stein gemacht.

Eine gute alte Stein-Kunst ist die Lithographie – von griechisch: Lithos, der Stein. Lithographie ist eine Flachdruck-Technologie, mit der bis etwa 1930 als einzigem Druckverfahren farbige Illustrationen in großer Auflage angefertigt werden konnten. Danach kam sie ein wenig aus der Mode.

Abb.: Erklärung der Funktionsweise des Steindruckes und der Stiendruckpresse zu Beginn des Seminars

Im Juni richtete die dBS ein Lithographie-Seminar im Leipziger stein_werk, der Werkstatt für lithographie & buchdruck (stein-werk.com), aus. Es kamen Mitarbeiter verschiedener namhafter Leipziger und Berliner Architekturbüros: aksarchitektur (aksarchitektur.de), CKSA | Christoph Kohl Stadtplaner Architekten (cksa.de), sommer + sommer architekten (sommersommer.de), SCHULTES FRANK ARCHITEKTEN PartmbB (schultesfrank.de), HILMER SATTLER ARCHITEKTEN AHLERS ALBRECHT (h-s-a.de), Eckert Negwer Suselbeek ENS Architekten BDA (eckertnegwersuselbeek.de) und Architektur Riedel (architektur-riedel.de).

Nun sind Architektinnen und Architekten dafür bekannt, dass sie eine künstlerische Ader haben . Sie zeichnen Entwürfe, basteln Modelle und gestalten mit eigenwilligen Kubaturen, markanten Fassaden und schwungvollen Dachkonstruktionen, unsere Wohn- und Arbeitswelt.

Abb.: Vorbereitung des Steins für den Druck mit einer Mischung aus Salpetersäure, Gummi arabicum und Wasser
Abb.: Lithographiestein mit Farbe, fertig für das Auflegen des Papiers
Abb.: Begleitung des Druckvorganges

Aber diese uralte Stein-Technologie stellte auch sie vor Herausforderungen. Zunächst mal der Umgang mit dem Stichel, mit dem das Motiv in eine steinerne Druckplatte geritzt werden sollte: Wie dieses ungewohnt harte Material bearbeiten, was, wenn das Werkzeug mit viel Schwung in der Künstlerhand landet? Was, wenn gleich der erste Schnitt den ganzen Stein ruiniert? Eine Herausforderung auch für künstlerisch begabte Menschen, die zumeist am Computer sitzen und löschen können, was nicht passt oder nicht gefällt.

Aber es ist wie bei aller Kunst: Sie übt sich und sie verzeiht. Also beherzt geritzt und gekratzt. Nach ein paar Stunden hatten alle Teilnehmer ihre Lithographie-Steine so weit bearbeitet, dass nun die nächsten Schritte getan werden konnten: Das Anfeuchten derjenigen Partien des Sandsteins, die von der Farbe ausgespart werden sollten, anschließend das Auftragen einer satten Schicht einer wasserabweisenden Farbe. Und dann wurde das gestochene Motiv auf ein Blatt Papier übertragen, aber nicht etwa so, dass der schwere Stein auf das Papier gestempelt würde. Andersherum: Mit viel Gefühl wurde vielmehr der Papierbogen, an einem Ende beginnend, vorsichtig auf den Stein gezogen und mit einem Tuch leicht angedrückt. Danach konnte das Papier abgezogen und zum Trocknen aufgehängt werden. Und anschließend das Ganze noch einmal von vorn, für die nächste Farbe.

Auf diese aufwändige Weise entstanden übrigens, Blatt für Blatt, die prächtigen Farbillustrationen, wie sie z.B. in alten Brockhaus-Bänden der Zeit um 1900 finden sind. Schauen Sie in einem Antiquariat mal in ein solches Buch hinein! Die Drucke glänzen und wirken ein bisschen fettig, oft ist die benachbarte Seite durch ein eingeheftetes Stück Pergamentpapier vor dem Verkleben geschützt. Und die Farben leuchten noch immer.

Nach zwei Tagen leuchtete es auch im stein_werk, in dem das Seminar stattfand. 20 Werke von 12 frischgebackenen Stein-Künstlerinnen und -Künstlern, die ihr Wissen über die Geschichte der Lithographie und andere Druckverfahren in der Zwischenzeit durch einen Besuch im Leipziger Museum für Druckkunst (druckkunst-museum.de) auf Vordermann gebracht hatten.

Abb.: Überprüfung der korrekten Einlage des Papiers, Steinfeuchtigkeit und Farbmenge für das optimale Druckergebnis
Abb.: Auszug der Projektergebnisse von 9 Kunstdrucken einzelner Teilnehmer

Das Beste an dieser Kunst: Der Druckstock kann immer wieder verwendet werden. Trotzdem ist jeder Abzug ein Unikat, denn der Farbauftrag und der Druck beim Auflegen des Papiers sind immer ein wenig anders. Versteht sich, dass die unvermeidlichen Wartezeiten bei der aufwändigen Prozedur mit kulinarischen Highlights und so manchem Fachgespräch ausgefüllt wurden. Im Ergebnis konnte jeder Teilnehmende fünf Blätter seiner Stein-Drucke mit nach Hause nehmen.

Die Druckstöcke – man hätte sie abschleifen und wieder nutzen können. Aber kein Teilnehmender ließ es sich nehmen, neben den Kunstdrucken auch seinen Stein nach Hause zu schleppen.